Sonntag, 6. Juli 2014

Zuletzt gelesen: "Pussy" von Tamara Faith Berger



Dieser Roman handelt nicht von Katzen. Das wusste ich natürlich nicht, als ich das optisch äußerst hässliche Buch aus dem Regal der Neuveröffentlichungen fischte. In einem beinahe stockkonservativen Bücherladen erwartet man doch nun wirklich keine erotische Belletristik. Ich ging also - um 15 Euro ärmer - nach Hause, und freute mich auf eine liebliche Geschichte mit putzigen, kleinen Fellknäueln, die zerfaserten Wollbällen hinterher jagen. Aber, ach, wem will ich hier eigentlich was erzählen? Natürlich hat der Buchrücken über den Inhalt aufgeklärt. Wer immer noch glaubt, dass die Devise Sex Sells alleine für ein männliches Publikum gilt, der hat die Welt einfach noch nicht verstanden. Ich räuspere dezent und komme zum Inhalt.

In Pussy geht es um die Sechzehnjährige Myra, die schwankend zwischen später Pupertät und einem Selbstfindungsdrang in einen wahren sexuellen Rausch gerät. In einem Urlaub mit ihren Eltern trifft sie auf den doppelt so alten Elijah. Er fasziniert sie, sie fasziniert ihn. Und los geht's, zu ihm ins Hotel. Nach einer ziemlich verstörenden Szene könnte der Eindruck entstehen, sie würde ihn nie wiedersehen wollen - jedoch - sie verfällt ihm. Myra fängt erst an zu masturbieren, und dabei an ihn zu denken, trifft sich dann alsbald abermals mit ihm und hält den Kontakt darüber hinaus noch aufrecht, als der Urlaub schon lange vorbei ist. In Kanada taucht er dann vor ihrer Schule auf. Er hat in einem nahe gelegenen Hotel seine Freundin im Schlepptau. Beide wissen um die Chance, die sich ihnen mit der leicht zu manipulierenden Myra bietet und wollen sie bis zur Grenzenlosigkeit ausnutzen.

Tamara Faith Berger hat bereits ein paar Bücher geschrieben, die man - laut Kritiker - als pornografische Geschichten bezeichnen kann. Ich kenne keines davon. Mehr noch: ich habe generell noch nie so etwas heftiges gelesen, obwohl es diese Form der Literatur natürlich schon seit Ewigkeiten gibt. Wir reden hier wirklich nicht über einen erotischen Roman, sonder de facto von einem Porno. Es gibt keine Details, die die Autorin auslässt, um die Bilder im Kopf der Leser entstehen zu lassen. Kein gebräuchliches Wort aus der hintersten Gosse, dass verschwiegen wird. Und das Ganze gipfelt wohl in einer Szene im Buch, die mit gleicher Detailverliebtheit einen Kindesmißbrauch beschreibt. Zwar kommt es dort nicht zu einer direkten Penetration - aber nur wenige Augenblicke davor entfernt  - da dürfte diese Wortgewaltigkeit mehr als genug sein, um zart besaitete Leser sofort das Buch entsetzt weglegen zu lassen.

Die Story plätschert belanglos vor sich hin. Und noch nicht einmal das Ende ist groß überraschend. Auch die Übersetzung weiß nicht so ganz zu überzeugen, da sie Streckenweise ein wenig holprig geraten ist. Darauf müsste man sich einlassen, wenn man sich dennoch in das Buch vertiefen will. Die Faszination des Buches erschließt sich aus zwei Dingen: Sex - (pause) - und ach ja: die Gefühlsregungen der Hauptprotagonistin. Die kanadische Autorin schafft es, den Lesern zu vermitteln, wie die Frauenwelt empfindet - sexuell und von der Gefühlsduselei her - und verpackt sie in blumige, leicht verständliche Worte. Also abseits der eher blöden Geschichte, dem blöden Ende, der Geht So-Übersetzung sind es die einzelnen Szenen, auf die man gespannt wartet. Und wo Tamara Faith Berger wirklich ihr Handwerk als Autorin versteht. Schamlos. Und gewollt vulgär. Vielleicht sogar unzüchtig.

Ist der Roman empfehlenswert? Ich weiß es nicht. Wenn man etwas bestimmtes sucht, dann sicher. Wer aber ein gelungenes Gesamtpackage erwartet, könnte hier eine Enttäuschung erleben.

                                                  Wertung: 6 / 10